Buchpublikationen 2022
Drehli Robnik, Joachim Schätz (Hg.): Gewohnte Gewalt
Drehli Robnik, Joachim Schätz (Hg.): Gewohnte Gewalt
Häusliche Brutalität und heimliche Bedrohung im Spannungskino
Die extreme Häufung von Femiziden durch (Ex-)Beziehungspartner erinnert daran: Gewalt dringt nicht so oft von ‚außen‘ ein wie sie vielmehr im sozialen Nahbereich ausgeübt wird. Häusliche Gewalt, die fast immer von Männern ausgeht, wird zur gewohnten Gewalt, gilt viel zu oft als Teil des Alltäglichen. Das Kino weiß davon: nicht zuletzt davon, wie allzu gewohnte Verhältnisse in Form von Schocks und Schrecken wahrgenommen werden. Daraus entstehen filmische Konventionen und Subgenres. Filmthriller erzählen häufig vom Heim als Schauplatz von Bedrohung durch deine täglichen – männlichen – Nächsten: von den Gaslight-Filmen der 1940er bis zu Baby Jane und Girl on the Train, von brutalen (und totalen?) Familien in österreichischen Filmen bis zum Oscar-Gewinner Parasite. Die 50 Texte dieses Bandes handeln vom Domestic Thriller und seinen Umgebungen. Filmkritik und -geschichte verbindet sich mit Gegenwarts-Sozialkritik: Was an diesen Motivvorräten von Nahgefahr und Entmächtigung erscheint im Licht von Lockdowns, Beziehungsgewalt und politischem Gaslighting als klarsichtig? Und wo ist das Spannungskino, mit seinen Festschreibungen von Rassifizierungen, Geschlechter- und Klassenpositionen, selbst Teil des Problems?
Drehli Robnik, Joachim Schätz (Hg.)
Gewohnte Gewalt. Häusliche Brutalität und heimliche Bedrohung im Spannungskino
Wien, Sonderzahl
368 S., kart.
ISBN 978-3-85449-601-4
Weitere Informationen: https://sonderzahl.at/product/gewohnte-gewalt/
Lisa Gotto: Big Screens, Small Forms. Visual Varieties in Digital Media Culture
Lisa Gotto: Big Screens, Small Forms. Visual Varieties in Digital Media Culture
We witness an era with more screens than ever before, and within each screen, a multitude of visual varieties. Lisa Gotto investigates this medial diversity as a field of tension between large and small forms of digital image culture. This includes, on the one hand, the immersive potential of large image arrangements, such as digital 3D cinema and Virtual Reality experiences, and, on the other hand, the compactness of mobile image forms, such as those of the smartphone film or the media practices of Instagram. Weaving together a rich variety of examples and sources, Lisa Gotto explores the transformational potential of digital media culture, contextualizes its media-technical conditions, and reflects on its social consequences.
Link zur Verlagsseite:
https://www.transcript-verlag.de/978-3-8376-6197-2/big-screens-small-forms/
Christian Schulte, Birgit Haberpeuntner, Melanie Konrad (Hg.) Plurale Autorschaft. Alexander Kluge-Jahrbuch, Band 7 (2020)
Christian Schulte, Birgit Haberpeuntner, Melanie Konrad (Hg.) Plurale Autorschaft. Alexander Kluge-Jahrbuch, Band 7 (2020)
Wenn bei Alexander Kluge von Autorschaft die Rede ist, so geht es nie um die Behauptung einer singulären Subjektposition, sondern vielmehr um eine kollektive, auf Kooperation beruhende Praxis. Diese plurale Autorschaft reicht dabei weit über die tatsächliche Zusammenarbeit mit zeitgenössischen Künstler_innen und Theoretiker_ innen hinaus. Ausgehend von der Überzeugung, dass die Vergangenheit keineswegs tot ist, konstruiert Kluges Konzept imaginäre Kollektiva, in denen Ovid, Müller, Montaigne, Benjamin, Godard u.a. in wechselnden Konstellationen über Epochengrenzen hinweg zusammenarbeiten. »Es ist eine Täuschung, dass ich Literatur alleine schreibe, die schreibe ich auch in Gesellschaft, nur ist die meist tot.« Der Titel dieser Ausgabe des Jahrbuches adressiert aber auch einen Zukunftshorizont, nämlich die unabsehbar vielen künftigen Aneignungen der Arbeiten Kluges, die nach dem Prinzip der Flaschenpost – »to whom it may concern« – auf ihre Geschichte warten und immer wieder anders zur Lesbarkeit gelangen.
When we discuss Alexander Kluge’s authorship, we never discuss a single subject position but rather a collective practice based on collaboration. This plural authorship exceeds the actual collaboration with contemporary artists and theorists by far. Based on the conviction that the past is never dead, Kluge’s concept creates imaginative collectives in which Ovid, Müller, Montaigne, Benjamin, Godard among others, collaborate in changing constellations across time boundaries. “It is an illusion that I write literature all by myself. I write it in company, though most of the people are dead.” However, the title of this present yearbook also addresses a future horizon, namely the incalculable numerous prospective adaptions of Kluge’s works, which work similar to a message in a bottle – “to whom it may concern” and wait for their stories to be read.
Mit Beiträgen von Barbara Barnak, Andreas Becker, Ross Etherton, André Fischer Anna Fricke, Daniel Gönitzer, Birgit Haberpeuntner, Nicole Kandioler, Kentaro Kawashima, Alexander Kluge, Melanie Konrad, Karl Clemens Kübler, Stefan Alexander Marx, Jan-Hendrik Müller, Christian Schulte, Winfried Siebers, Rainer Stollmann, Marcus Steinweg, Florian Telsnig, Alexander Weil, Christian Wimplinger und Mark Simon Wolf; im Gespräch mit Michel Gaißmayer und Alexander Weil.
Stefan Hulfeld (Hg.): Unerhörte Theatergeschichten. Ein Lesebuch
Stefan Hulfeld (Hg.): Unerhörte Theatergeschichten. Ein Lesebuch
Das Lesebuch umfasst 17 Geschichten, die zeigen, wie faszinierend und erkenntnisreich Theatergeschichte sein kann. Erzählt werden sie von Theaterwissenschaftler*innen, die ihre Forschung damit einem Lesepublikum näherbringen. Es geht um die Elektrifizierung von Theatergebäuden, den Walkürenritt in der Zirkusmanege, eine Frauenbewegung im deutschen Theater um 1910, selbstbewusste Roboter in einem Science Fiction-Drama, den Papagei einer Opernsängerin, verbotene „Betten-Dramatik“, einen desillusionierten Produktionsdramaturgen, altmodische Seepferde und Nixem im Wiener Augarten u. v. a. m.
Stefan Hulfeld (Hg.) für die Arbeitsgruppe Historiografie der Gesellschaft für Theaterwissenschaft e. V.
Unerhörte Theatergeschichten. Ein Lesebuch
Wien: Hollitzer Verlag, 2022
360 S.
ISBN 978-3-99094-018-1
Weitere Informationen: https://www.hollitzer.at/buch/unerhoerte-theatergeschichten
Klemens Gruber Kluges strategische Vermögen Zur Aktualität der Avantgarde
Klemens Gruber Kluges strategische Vermögen Zur Aktualität der Avantgarde
Klemens Gruber
Kluges strategische Vermögen
Zur Aktualität der Avantgarde
Im Februar 2022 feiert der große deutsche Erzähler, Filmregisseur, Fernsehpartisan und Ausstellungsmacher, der Theoretiker und Praktiker der Gegenöffentlichkeit (und heute des Gegenalgorithmus) Alexander Kluge seinen 90. Geburtstag. Was Kluges Arbeiten von Anfang an, seit Kulturpolitik und Ausgabenkontrolle (1961) auszeichnet, ist die Bestimmung präziser Konfliktlinien in den Verwerfungen der Gegenwart. Die in diesem Band versammelten Aufsätze von Klemens Gruber gehen Kluges ästhetischen Verfahren nach, die aus den Arsenalen der Avantgarde, aus der Epoche des Stummfilms, der Montage, der Konstruktion stammen. Gezeigt wird, wie Bild und Schrift, Ereignis und Kommentar, avancierteste Medientechnik und alte Erzählweisen einander gegenübergestellt, re-kombiniert und anhand luzider Abweichungen wieder fruchtbar gemacht werden. Kluges strategische Vermögen, mit stupender analytischer Intuition und politisch-poetischem Geschick massenmediale Felder zu bespielen, ihnen modellhaft medienästhetische Entwürfe entgegenzustellen, erweisen die Aktualität avantgardistischer Gegenproduktion.
Drehbuchforschung, Perspektiven auf Texte und Prozesse Hg. Von Jan Henschen, Florian Krauß, Alexandra Ksenofontova und Claus Tieber
Drehbuchforschung, Perspektiven auf Texte und Prozesse Hg. Von Jan Henschen, Florian Krauß, Alexandra Ksenofontova und Claus Tieber
Springer 2022
Die Drehbuchforschung ist ein junges, sich rasch entwickelndes internationales Forschungsfeld. Der Sammelband führt Forschungen aus dem deutschsprachigen Raum zusammen, die sich mit dem Drehbuch als schriftliches Artefakt und als Teil des Produktionsprozesses auseinandersetzen. Neben grundlegenden theoretischen Konzepten der Drehbuchforschung stehen historische und archivbasierte Analysen sowie gegenwartsbezogene Problemstellungen im Vordergrund. Praxisnah finden außerdem Akteure und Abläufe der Drehbuchentwicklung sowie Fragen der Dramaturgie Beachtung. Der Sammelband verschafft somit einen Überblick über die Bandbreite interdisziplinärer Ansätze des Forschungsfeldes und veranschaulicht das Erkenntnispotential der aktuellen Drehbuchforschung.
Weitere Informationen: link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-38167-7
Stefan Trinkaus (pg.): Ökologien des Prekären. Zu einer Theorie des Haltens
Stefan Trinkaus (pg.): Ökologien des Prekären. Zu einer Theorie des Haltens
Lektorinnen: Isabell Lorey und Ruth Sonderegger
Der Frage des Prekären, der Ausgesetztheit, der Verletzbarkeit und Abhängigkeit von anderen kann nicht mit kollektiven Sicherheitsversprechen oder individuellem Freiheitspathos begegnet werden. Ökologien des Prekären versteht das Prekäre relational: sowohl als Gefährdung und Möglichkeit der Gewalt, als auch als Offenheit und Chance des Anderswerdens. Diese Öffnung des Prekarens kann nicht geschlossen werden, sie kann aber gehalten werden.
Stephan Trinkaus untersucht die kulturellen, medialen und sozialen Implikationen dieser Figur des Haltens. Er taucht dabei in krisenhaften Situationen extremer Gefährdung auf, aber auch in banalen Praktiken des Alltäglichen wie Spielen, Fernsehen oder Langeweile.
INHALT
Unbestimmtheit
Prekäre Räume – Emplacements – Beliebige Räume –
Unintegriertheit – Der Raum der Relationen –
Diagramme des Sozialen – Habitus – Nullpunkt:
Das Subproletariat – Unvorhersehbarkeit – Kontiguität
und Unbedingtheit – Ökologien prekärer Praxis –
Die Gemeinschaft derer, die nichts gemein haben
Rahmen – Empfindungskomplexe – Haltende Umwelten – Formen
des Zusammenseins Mit – Mentale Räume –
Beziehungslandschaften – Die Perzeption in den Falten –
Diesseits des Todestriebs: Organloser Körper
und Incommunicado
Diffraktion
Reflexivität – Dialogizität – Kontrapunktische
Relationalität – Subalterne Vergangenheiten –
Diffraktion – Das Minoritäre und das Partiale –
Gender und sexuelle Differenz – Ethik der
Materialisierung – Prekäre Ökologien I: Bombay Beach
Ökologien des Nichts
Rhythmus – Interferenz – Alltag – Flow – Affekt –
Nicht/Existenz – Fernsehen – Prekäre Ökologien II:
Cruel Optimism – Teilnehmen – „LANGWEILIG“ –
Dem Nichts gerecht werden
Spielen (Prekärwerden)
Mit der Arbeit aufhören – Medialität – Fadenspiele –
Im Jahre Null – Eine Urszene – Spielen – Narziss –
Das Prekäre des Spiels – Das Alltägliche – Rhythmen
der Leere – Die Unbestimmtheit halten
Literatur
transversal texts, Dezember 2022
ISBN 978-3-903046-35-1
317 Seiten, broschiert, € 20,00
Erscheinungstermin: 15. Dezember 2022
Weitere Informationen: transversal.at/books/oekologien-des-prekaeren