Geschlechterkostümierung in Schauspieltheorien (18. Jh.)


Projektleitung: Mag. Dr. Beate Hochholdinger-Reiterer
Laufzeit: 10/2008–09/2011
Fördergeber: FWF / Elise Richter Programm


Projektbeschreibung:

Die schriftliche Fixierung von Theorien zur Schauspielkunst ab Mitte des 18. Jahrhunderts steht in engem Zusammenhang mit der Institutionalisierung und "Versittlichung" des Theaterbetriebs. Zu untersuchen gilt es in diesem Kontext, inwiefern dieser neue Schauspieldiskurs, der vornehmlich in Theaterperiodika geführt wird, die Neuordnung der Geschlechter mitverhandelt, affirmiert oder konterkariert.
Ziel der Habilitation ist es, erstmals eine grundlegende Analyse bisher nicht berücksichtigter schauspieltheoretischer Materialien des 18. und frühen 19. Jahrhunderts auf der Basis der methodisch interdisziplinär arbeitenden Geschlechterforschung durchzuführen.

Durch die Erschließung und Dokumentation relevanter Texte aus deutschsprachigen Theaterperiodika des 18. und frühen 19. Jahrhunderts sind sowohl Kanonerweiterung als auch Neuinterpretationen des schauspieltheoretischen Diskurses zu erwarten. So impliziert die Rede über Schauspielkunst immer auch die Rede über "den Körper" und dessen Ausdrucksfähigkeit, Authentizität sowie Identität. In dem Augenblick, wo schriftliche Anleitungen die Erzeugbarkeit und Erlernbarkeit von Schauspielkunst dokumentieren, wird die Vorstellung, der Schauspieler könne auf der Bühne - als Kunstfigur - authentische körperliche, gestische, mimische Abbildungen hervorbringen, problematisch. Schauspieltheorien lassen nämlich den Glauben an die Darstellbarkeit von Authentizität von vornherein fragwürdig erscheinen und damit auch jede Diskussion über Natur und Natürlichkeit der Geschlechter.

Methodisch orientiert sich die Habilitation an dem von Ernst von Glasersfeld und Heinz von Foerster entwickelten Radikalen Konstruktivismus sowie an den Grundsätzen der ideologiekritischen Genderforschung. Dabei geht es u. a. um das Aufspüren von Vernetzungen traditionell getrennt betrachteter Diskurse. Inwiefern haben sich ästhetische, philosophische, anthropologische, medizinische, theologische, juristische, historische, psychologische Diskurse in die Theorien zur Schauspielkunst und die in diesen entwickelten "Geschlechterkostümierungen" eingeschrieben? Um die Mechanismen der Kanonisierung, Marginalisierung und Mythisierung zu erkunden, werden die schauspieltheoretischen Texte mit zeitgleich entstandenen autobiografischen Schriften von Schauspielerinnen und Schauspielern sowie der frühen Theatergeschichtsschreibung gegengelesen. Die von mir angewandten Methoden ermöglichen in einem breiteren kulturwissenschaftlichen Kontext die Untersuchung der Rückwirkung von Theorien und Ideologien auf die Entstehung von sozialer und kultureller "Realität".
 

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