Digital Formalism: The Vienna Vertov Collection


Projektleitung: Mag. Dr. Andrea B. Braidt, MLitt, Univ.-Prof. Dr. Klemens Gruber
Laufzeit: 02/2007–02/2010
Projektpartner: Vienna University of Technology, Interactive Media Systems Group; Österreichisches Filmmuseum 
Födergeber: WWTF Wiener Wissenschafts- und Technologie Fonds


Projektbeschreibung:

Ausgangspunkt für Digital Formalism ist die formalistische Filmtheorie mit ihrer Grundannahme, dass es die Form ist, die Kunst erzeugt, und dementsprechend Methoden zur Analyse der Formelemente des Kunstwerks entwickelte. Das Projekt wird die formalistische Analysemethode in ihrer theoretischen Konzeption und historischen Entwicklung vom Russischen Formalismus über den Tschechischen (die "Prager Schule") und Französischen Strukturalismus zu den Neoformalisten ("Wisconsin-Project") systematisieren und die theoretischen Grundlagen des Film-Formalismus im digitalen Zeitalter (Digital Formalism) ausarbeiten. Die Leitfragen des Projekts sind:

  • Auf welche Weise sind methodologische und theoretische Grundsätze des Formalismus im Zeitalter digitaler Medien anwendbar und nutzbar zu machen?
  • Welche filmischen Elemente stehen im Mittelpunkt von analytischen Verfahren, die die spezifische Sinnlichkeit der Kinoerfahrung untersuchen?
  • Welche dieser Elemente sind mittels digitaler Analyseverfahren maschinengestützt beschreib- und bestimmbar zu machen? Wie kann dieser transdisziplinäre Formalisierungsansatz (der aus der Zusammenarbeit von Film- und Computerwissenschaften erarbeitet wird) in dem Maße modelliert werden, dass er die sinnliche Ebene des Artefakts zu vermitteln vermag?
  • Welche Elemente in Vertovs Arbeiten lassen sich mittels digitaler Analyse erstmals bestimmen und darstellen (rhythmische Gestaltung, serielle Verwendung von Schwarzkader, Kontrastgebung s/w, etc.)? Und auf welche Art lassen sich maschinengestützte Prozesse auf spezifische Forschungsfragestellungen hin optimieren?

Die beiden letzten Forschungsfragen schlagen die Brücke zum computerwissenschaftlichen Teil des Projektes und damit zu den wesentlichen Aspekten, die AI Medien-Verstehen betreffen:

  • Erforschung von allgemeinen Methoden für die Perzeption von Medien-Ästhetik. Dieser Bereich setzt sich zusammen aus der Entwicklung von Formalismen zur Überbrückung der Kluft zwischen Filmanalyse und Medien-Retrieval (d.h. dem Finden einer gemeinsamen Sprache) und der Entwicklung neuartiger Algorithmen zur audiovisuellen Analyse.
  • Auswertung der Vielfalt an ästhetischen Verfahren, die von Vertov entwickelt wurden. In der Folge werden Algorithmen entwickelt, die diese Konzepte präzise darstellen können. Diese Algorithmen werden in Forschungs-Prototypen umgesetzt. Aufgrund der Erfahrungen der Filmanalytikern bei der Verwendung dieser Werkzeuge werden die formalen Methoden und Prototypen iterativ optimiert werden.
  • Erforschung der multimodalen Analyse komplexer Medieninhalte. Vertovs Werk ist nur in Wien in ausgezeichneter Qualität vorhanden. Da das Österreichische Filmmuseum in der Lage ist, die Medieninhalte in höchster Auflösung und angereichert mit zusätzlichen Informationen anzubieten (z.B. digitalisierter Lichtton), können im Projekt völlig neuartige Wege der multimodalen Analyse und Ähnlichkeitssuche beschritten werden.

Die starke medientheoretische Fundierung des Projekts ermöglicht in Hinblick auf Fragen der Digitalisierung Lösungen, die in aktuellen Debatten über die Erhaltung/Medialisierung des Kulturerbes benötigt werden. Digital Formalist Analysis soll als ein Set an Werkzeugen und methodologischer Grundsatzfragen Lehrenden, Studierenden der Film- und Medienwissenschaft, als auch AkteurInnen der Creative Industries neue Möglichkeiten eröffnen, audiovisuelle Artefakte und deren spezifische sinnliche Dimension neu erfahrbar zu machen.


 

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