Schauplatz Körper. Geschlechterinszenierung in der Body Art – Zwischen Stereotypen und Subversion

Sprenger, Julia

Die transdisziplinären und künstlerischen Inszenierungsstrategien zwischen biologischem (sex) und sozialem Geschlecht (gender) eröffnen ein breites Diskursfeld für die Ausverhandlung von gesellschaftlichen, politischen und sozialen Fragen. Durch die Radikalität der Performance-Künstler*innen und deren exzessiver Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Körperlichkeit und Leiblichkeit werden Themen wie Gewalt, Sexualität, Feminismus, Tabus sowie Verhandlungsprozesse von sex/gender und Queerness für eine Öffentlichkeit sichtbar gemacht. Dabei experimentieren sie sowohl mit alltäglichen, physischen Aktivitäten als auch mit körperlichen Schmerzen, Gefahren und Grenzsituationen. Die performative Hervorbringung von starken Emotionen und die leibliche Ko-Präsenz stellt die Rezipient*innen vor die Herausforderung, sich mit ihren jeweils unterschiedlichen Funktionen und Positionen auseinander zu setzen: Opfer, Täter*innen, Voyeur*innen, Kompliz*innen, etc.

Dem Dispositiv der Body Art geschuldet, liegt der Fokus auf der spezifischen Verwendung des Künstler*innen-Körpers, in seiner Leiblichkeit und Materialität. Durch performative Arbeiten von Carolee Schneemann, Orlan, Valie Export, Marina Abramović, Ron Athey oder Michael Journiac werden hegemoniale Geschlechternormen sichtbar, in Frage gestellt, dekonstruiert, ironisiert, überschrieben. Neben Inszenierungsstrategien von sex/gender werden auch performative Spielformen von Queerness, Travestie oder anderen grenzüberschreitenden (kulturellen) Praxen analysiert und kontextualisiert. Durch die künstlerischen Einsatzmöglichkeiten von Geschlechtermarkierungen, Rollenbildern, kulturellen Codes und/oder Stereotypen entstehen, so die These, performative Strategien der Subversion und gesellschaftskritische Reflexionen. Die sich daraus entwickelnde Kritik von Strukturen, Institutionen und Systemen interveniert nicht nur diskursiv, sondern auch körperlich. Soziale und gesellschaftliche Missstände werden nicht nur in die Öffentlichkeit gerückt, sondern auch erfahrbar. 

Für diese Analyse werden die performativen Arbeiten historisch verortet und in Zusammenhang mit gesellschaftspolitischen Entwicklungen seit den 1960er Jahren gestellt. Wesentlich dabei sind die Verbindungen zu den Forderungen der 68er-Bewegung sowie zu jenen der zweiten Frauenbewegung. Daneben werden Entwicklungen innerhalb der bildenden sowie der darstellenden Kunst, hinsichtlich des performative turns, in den Diskurs miteinbezogen. Durch diese historische Kontextualisierung sollen die hegemonialen Normen der jeweiligen Zeit und Gesellschaft, sowie deren Transgression sichtbar werden.